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Die Magie der Seele 

Die Bedeutung des Begriffs „Seele“ ist sehr umstritten, deshalb will ich vorweg darauf hinweisen, dass ich mich von keiner derzeit gültigen Lehre, Religion oder Philosophie bewusst geleitet sehe; ich stelle mit diesem Text nur meine eigene Definition der Seele dar.   

Der Mensch ist ein besonderes Individuum, da er in der Zusammensetzung seiner Wirklichkeit seine ihm eigenen Wege geht. Auch hier ist die Seele immer beteiligt, denn der Mensch möchte aus seinem tiefsten Inneren heraus seinen „Seelenfrieden“ finden. Da er dies nur erreichen kann, wenn er seine „Hürden“ der Trennung nimmt und meistert, so stellen diese die Trennung zum heiß ersehnten „Seelenfrieden“ dar. Der Weg zur Seele führt automatisch über eine ganzheitliche Einstellung zum Leben, oder besser gesagt, zu sich selbst. Die Grundsubstanz des Seins mag ja dem ursprünglich Höheren entspringen, aber nur ein Individuum wie z.B. der Mensch, gestaltet aus dieser ursprünglichen „Energie“ so etwas wie die Seele. Das heißt, dass es eine Seele ohne ein Individuum nicht gibt, das Individuum ist ein Ursprungsbestandteil der Seele. Nach dem irdischen Tod ist es der Seele nicht möglich, sofort in das Ursprüngliche zurückzukehren; dies kann sie erst, wenn sie die „Einflüsse“, die sie zu dem machte was sie ist, hinter sich gelassen hat und somit den „Zustand“ des Beseelten hinter sich lässt, um in die Sphäre des Ursprünglichen zurück zu kehren.  

Unser Leben auf diesem schönen Planeten ist bereits ein Zustand, den man als einen Teil der Seele bezeichnen muss. Manche Erfahrungen kann man überspringen und andere wiederum muss man machen, jeder hat seinen eigenen Weg inne. Um einen reinen Zustand der eigenen Seele erfahren zu können, gibt es viele Wege, aber es gibt keine generell gültige Abkürzung die einem einen wirklich schnelleren Zugang gewährt. Die mannigfaltigen Wege über die verschiedenen „Techniken“ der reinen Bewusstseinserweiterung sind eher ein Teil des Weges eines jeden Wesens; durch sie entsteht ein Fenster, das einen Ausblick auf die Schönheit der „Begierde“ öffnet. Leid, Schmerz, Trauer, und Krankheit sind Dinge, die es zu überwinden gilt und das nur, um die Aussage in ihnen zu erkennen; selbst die Gegensätze dieser Zustände müssen sich dem stellen. Die Seele setzt sich m.E. grundlegend aus drei „Punkten“ zusammen: Das Innere, das Äußere, und das Höhere. Es gibt natürlich noch viele Ebenen dazwischen, aber diese sind auf die eine oder andere Weise nur Wegstationen auf dem Weg ins ausgeglichene Zentrum dieser drei Punkte – ich nenne es mal die goldene Mitte des Seins.  

Das Innere stellt die Verbindung zu den verschiedenen „Fähigkeiten“ der Seele her. Das, was man als das höhere Selbst bezeichnet, ist der Zugang und die Verbindung mit den eigenen inneren und geistigen Ebenen; hier liegt auch der bewusste Zugang zur Magie verborgen. Das magische Handeln auf dieser Ebene ist ein grauer Weg, das Höhere wird zu Rate gezogen und eine Umsetzung erfolgt im Sinne von „Vielen“; jedoch sind hier der Magie im Alltag einige Grenzen gesetzt, ein Verstoß gegen diese Grenzen ist wegen der besonderen Verbindung zu sich selbst kaum denkbar. Allerdings können die Ergebnisse von dem eigentlichen Begehren abweichen, denn man muss zwischen dem inneren und dem äußeren Verlangen unterscheiden können, um das Ergebnis in seiner Präzision vorherzusehen und dies scheint einfacher zu sein, als es ist.  

Das Äußere ist auch der äußerste Spiegel der Seele, hier wird materiell ausgedrückt, wo die „Mängel“ und die „Stärken“ des beseelten Individuums liegen. Wenn das Äußere dominiert, wird sich der Zugang zur Magie als „schwarz“ äußern. Derjenige, der direkt auf der materiellen Ebene eine Änderung mit magischen Mitteln herbeiführt, wendet automatisch „schwarze“ Magie an. Von dieser Ebene aus ist es nicht möglich, die Wirkung auf das Ganze vorherzusehen. Die vielen kausalen Verbindungen des Ganzen sind von hier aus einfach nicht überschaubar. Die ganze materielle Ebene ist von vornherein schwarzlastig, denn jeder Mensch wendet Magie an – ob er dies weiß oder nicht, das spielt keine Rolle. Darum sollte man alle magischen Vorgänge auch keiner dualen Bewertung unterziehen, denn dieses Maß ist hier nicht anwendbar.  

Das Höhere ist das, was man nicht mit Worten beschreiben kann, jede Kultur und Religion hat andere Bezeichnungen dafür. Es ist das, woraus alles beseelte begründet ist, also das Ursprüngliche. Hier entsteht alles und hier endet irgendwann alles, auch die Magie entspringt letztendlich diesem ursprünglichen und unendlichen „Wirken“. Derjenige, der das Wirken seiner Magie diesem Höheren überlässt, wendet automatisch „weiße“ Magie an, er ist nicht mehr dazu in der Lage, einem anderen wirklich zu schaden, wobei sich die Sichtweise auf die Wirklichkeit natürlich gänzlich anders darstellt, als es zuvor der Fall war. Diese, ich nenne es mal Kraft, ist dazu in der Lage, alle Eingriffe im voraus zu planen und alles im Einvernehmen mit allem Existierenden zu manifestieren, diese Synergie ist nur einem Wesen möglich, welches sich mit dem Höheren verbunden hat.  

Die Mitte ist es, die das Glück auf Erden verspricht und dieses Versprechen hält sie auch ein. Man muss nur den Zustand der Mitte erreichen, um sein Leben seinen echten Träumen anzupassen, die sich aus dem Erkennen der eigenen Wirklichkeit ergeben. Aus dieser Mitte heraus kreiert man sein eigenes „Energiefeld“, das über alle Grenzen hinweg seine Anwesenheit unbewusst widerspiegelt. Die Seele kommt über diese Ausgeglichenheit zu ihrer vollen Geltung der Einheit. Ein Mensch in diesem Zustand wird alles erreichen, was er sich vornimmt, ob er dies weiß oder nicht, sein Leben ist fortan nicht mehr allen Hürden des Lebens unterworfen. Das angeblich Negative ist ab jetzt nicht mehr vorhanden; wenn man doch meint, es zu erblicken, dann hat man nur den „wahren“ Grund für sein Erscheinen nicht erkannt. Auf der materiellen Ebene beginnt der Aufstieg zu den Anforderungen der Wünsche des Seins. Der weitere Weg wird nun von anderen Beweggründen geleitet, die sich mehr an den inneren Werten orientieren, die Welt der Gefühle bekommt plötzlich eine ganz andere Bedeutung. In der Mitte von sich selbst kann man  Wertungen nicht mehr so einfach als gegebene Wahrheiten hinnehmen, denn die eigene Sichtweise hat sich in die Ausgeglichenheit verlagert. Richtig und falsch sind ihrer einst dualen Eigenschaft gänzlich enthoben und sie dienen nur noch als Floskel der Unausgeglichenheit, die sich auf dem Weg in die Ausgeglichenheit befindet. Die ganze Dualität ist einer neuen Sicht unterstellt, die sich scheinbar nicht mehr an die Regeln ihrer eigenen Schöpfung hält, da sie plötzlich nicht mehr existieren. Jede Regel, die in ihrer Wirkung ein endgültiges Ergebnis liefern will, ist nur noch ein Konstrukt, das aus vielen Fragmenten besteht, die wiederum jede für sich eine unzählige Anzahl an Fragen aufwerfen. Jede Frage besteht in ihrer Aufstellung und Beantwortung aus solchen „Regeln“; die Spirale, die sich daraus ergibt, ist ein unendliches Spiel mit den vielen unterschiedlichen Wirklichkeiten, die sich bei genauerer Betrachtung nicht dem Filter der „Objektivität“ stellen können, da die Wirklichkeit immer von einem Subjekt mitgeprägt wird.  

Jetzt wird es ein wenig kompliziert, das Objekt als solches muss natürlich existieren, denn sonst könnte man es ja nicht erkennen. Aber die materielle Erscheinung, auf die sich dieses Erkennen bezieht, ist in ihrer Grundsubstanz nicht die erste Form. Das heißt, wir nehmen nur einen Teil dieser Form wahr, die anderen Teile entziehen sich unserer Wahrnehmung und stellen somit weitere Eigenschaften dar, die das Objekt in der Summe seiner Einzelteile ausmachen. Dadurch, dass wir nur die materielle Erscheinung als das Objekt erkennen, geht ein großer Teil seiner Beschaffenheit verloren. Der Blick durch die Seele nimmt ein Objekt in seiner ganzen Bandbreite wahr, dadurch ist sie in der Lage, Sein oder Nichtsein als das Gleiche zu sehen. Ob etwas materiell existiert oder als Gedanke ein energetisches Konstrukt bildet, ist ihr egal, beides ist eine Form von Sein, das sich nur anders darstellt. Selbst dort, wo auf der materiellen Ebene „nichts“ vorhanden ist, ist aus der Sicht der Seele etwas vorhanden, sei es auch nur der scheinbar leere Raum. Hinter dem Schleier der Seele verbirgt sich auch die Weisheit, denn sie ist der Zugang zum kollektiven Wissen, das schon seit Anbeginn allen Seins gespeichert wurde. Leider ist diese riesige Ansammlung von Wissen nicht linear abrufbar, denn es ist ein in sich verwobenes System, welches keinen Anfang und kein Ende hat, vielmehr baut es aufeinander auf. Es gibt auch keinen greifbaren Anfang, alles war schon immer und wird immer sein, da aber unser Denken die Ewigkeit nicht verstehen kann, wird es sich im Kreis drehen müssen, wenn es versucht dieses Rätsel der Zeitlosigkeit zu lösen. Erst durch die Ausgeglichenheit mit sich selbst, ist man dazu in der Lage, sein Bewusstsein so zu erweitern, dass man einen tieferen Einblick in die diese Geheimnisse bekommt. Die Seele befindet sich dann in ihrer „wirkungsvollsten Konfiguration“, in der eine Verbindung zwischen Verstand und Intuition hergestellt wird. Der Verstand ist dann immer noch nicht dazu in der Lage, diese Ebenen wirklich zu verstehen, aber er vertraut nun der Intuition und nimmt sie als eine eigene Wirklichkeit von sich selbst wahr. Dadurch bewegt er sich permanent an den Grenzen seiner Fähigkeiten und erweitert diese dadurch in einem rasanten Tempo, denn die Grenzen sind durch die Verbindung mit der Intuition dazu gezwungen, sich selbst als Konstrukt zu erkennen, wodurch sie sich selbst negieren. Der Verstand bemerkt nun, dass die Grenzen aus seinem eigenen Unterbewusstsein kommen und er bekommt langsam aber sicher einen Bezug zu dem Unbewussten. Er erkennt sich selbst als das Äußere und das Unbewusste als das Innere, nur das Höhere kann er nicht direkt erfassen, also muss er sich mit dem Zugang, den die Intuition als Brücke herstellt, zufrieden geben. Dadurch, dass er seine Grenzen als Konstrukte entlarvt hat, ist er dazu in der Lage, die Kontrolle über alles zu übernehmen, was ihn betrifft. Er wird sich seiner Macht und Verantwortung über die energetischen Ebenen bewusst.             

Copyright 2003 by Michael Mayer